Samstag, 30. Juli 2011

Es wird knapp



Amerika geht nicht in den Konkurs! Zu einer Erhöhung der Verschuldungsgrenze durch den  Kongress muss es jedoch bis zum 2. August kommen. Die Zeit wird knapp. Das politische Theater hat das Image Amerikas angekratzt. Anleger sind verunsichert. In der letzten Juli Woche wurden an den Börsen nur rote Zahlen geschrieben (siehe Tabelle oben). Der Juli - normalerweise ein guter Boersen-Monat - wurde damit zum bisher schlechtesten Monat in diesem Jahr beim Dow Jones und S&P 500 Index. Die Ausnahme vom allgemeinen Verkaufsdruck war der Edelmetallsektor. Gold stieg auf ein neues Rekordhoch und Silber folgte im Windschatten. Silber liegt mit einem Plus von fast 30% (grüner Pfeil) seit Jahresbeginn vorn; der S&P 500 Index kommt dagegen nur auf einen Anstieg von 2,7% (hellgrüner Pfeil).

Die höchste Bonität - AAA seit 1917 - verdient Amerika in Anbetracht seiner hohen Verschuldung und Abhängigkeit von ausländischen Investoren seit einiger Zeit nicht mehr. Die amerikanischen Rating-Agenturen haben bisher nur nicht den Mut gehabt, die mächtigste Wirtschaftsnation der Welt so zu demütigen! Dies käme einer eigenen Nestbeschmutzung gleich. Bei europäischen Ländern nimmt man dagegen bei der Bonitätsbewertung kein Blatt vor dem Mund! Hier wird mit zweierlei Mass gemessen.

Die Rendite von US-Staatsanleihen ist nur deshalb weiterhin so niedrig ( fast Null-Prozent für Kurzläufer und nur knapp 3% für 10-jährige Laufzeiten), weil es für internationale Anleger keine echten Alternativen für die massive Liquidität gibt! Es herrscht quasi ein Anlagenotstand. Der momentane Streit im US-Kongress um die Verschuldungshöhe  wird jedoch die Zinsen in den USA in den nächsten Monaten tendenziell belasten.

Der Wochenbericht von Dr. Martin Huefner bringt eine ausgezeichnete Analyse und historische Betrachtung der Verschuldungskrise in den USA. Den Bericht öffnen durch anklicken der nächsten Zeile:

http://www.assenagon.com/fileadmin/downloads/Huefners_Wochenkommentar_11-29.pdf


 

Das technische Bild der Börse, repräsentiert durch den S&P 500 Index, deutet auf eine Kopf/Schulter Formation (drei blaue Wellen) hin, was ein Warnsignal ist. Die Sommerrallye dauerte diesmal nur drei Wochen, vom 15. Juni bis 7. Juli. Der Indexanstieg von 7% entsprach dabei meiner Prognose im Deutschen Anleger Fernsehen (DAF) vom 22. Juni (siehe Link im Blog vom 26. Juni - Gratwanderung). Eine Einigung in der Erhöhung der Verschuildungsgrenze im US-Kongress wird zwar zu einer Erholungsrallye führen, jedoch wird dies kaum ausreichen, um die bisherigen Sommer-Höchststände von Anfang Juli noch zu übertreffen.


Die amerikanische Wirtschaft stagniert. Die erste Hochrechnung für das zweite Quartal fiel mit einem Plus von 1,3% (hellgrüner Pfeil) schwächer als erwartet aus. Gleichzeitig wurde das Wachstum vom ersten Quartal von 1,9% drastisch auf 0,4% (roter Pfeil) reduziert. Die Wirtschaftserholung seit der Rezession (rote Schattierung) verlief bisher unterdurchschnittlich. Im vergangenen Jahr erreichte sie ein Plus von 3%. Jetzt liegt der Anstieg gegenüber dem Vorjahr unter der zwei Prozent-Marke (rote Linie, hellgrüner Pfeil). Die Inflationsrate ((Deflator) liegt mit 2,3% etwas über der von der Notenbank angestrebten 2,0%-Marke. Die erhoffte Wachstumsverbesserung im zweiten Halbjahr ist durch den politischen Streit um die Verschuldungsgrenze gefährdet.









Das Verbrauchervertrauen hat sich im Juli etwas verbessert, liegt jedoch mit knapp 60 (grüner Pfeil) deutlich unter dem 'normalen' Niveau von 80 bei einem gesunden Wirtschaftswachstum. Den bisher besten Anstieg über die Marke 70 (blauer Pfeil) gab es zu Jahresbeginn, während der Tiefstand (roter Pfeil) in diesem Zyklus Anfang 2009 erreicht wurde, als der Einzelhandel in einer Rezession steckte (rote Schattierung). Seit dem vierten Quartal 2009 geht es im Einzelhandel wieder aufwärts (blaue Schattierung).

















Gold und Silber stehen in keiner starren Preisrelation zueinander. Allerdings kam es in den vergangenen 30 Jahren zu extremen Über- und Unterbewertungen. Während die weiße Linie mit einem Multiplikator von 4O eine Überbewertung des Silbers anzeigt, deutet die rote Linie mit einem Multiplikator von 80 auf eine Unterbewertung des Silberpreises gegenüber dem Gold hin. Eine 'normale' Korrelation wäre ein Multiplikator von 60 (blaue Linie). 

Als Silber im ersten Quartal auf fast $50 pro Feinunze stieg und der Goldpreis um $1.500 lag, fiel der Multiplikator auf einen Tiefstand (rechter grüne Kreis) von rund 30 (1.500:50=30). Eine ähnliche Übertreibung des Silberpreises in Relation zum Gold gab es bereits einmal vor 30 Jahren (linker grüne Kreis), als das Silber aufgrund der Spekulation der Hunt-Brüder explodiert war. Es dauerte fast 30 Jahre, bevor sich das Silber davon wieder erholte. Anfang der 90-er Jahre wurde das Silber dagegen im Vergleich zum Goldpreis verschenkt, als der Multiplikator auf 100 stieg (roter Kreis). 

Geht man vom 'normalen' Multiplikator 60 aus, so müsste entweder der Goldpreis heute bei $2.400 pro Feinunze stehen, oder der Silberpreis bei $27 pro Feinunze liegen. Dies beweist, dass Märkte nicht immer logisch handeln.



Weitere Empfehlungen und Einschätzungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint am Montag, den 8. August.











  




Heiko Thieme

Sonntag, 24. Juli 2011

Erleichterung, Schock und Frustration



Eine fast perfekte Börsenwoche, getragen von Erleichterung - lediglich der Dow Jones kam am Freitag (roter Pfeil) auf ein Minus - endete in Schock und Frustration.

Die Tragödie in Norwegen zeigt, dass Terrorismus und Fanatismus sich nicht nur auf eine einzige Religion oder Gruppe beschränkt! Das Massentöten von fast 100 Menschen in  einem kleinen Land wie Norwegen ist in Relation zur Bevölkerung von  knapp 4,7 Millionen Einwohnern doppelt so viel wie am 11. September 2001 in den USA aufgrund des terroristischen Massenmordes von fanatischen, nahöstlichen Islamisten starben. Damals kamen bei einer US-Gesamtbevölkerung von über 300 Millionen fast 3.000 Menschen, darunter "nur" 9 Jugendliche unter 18 Jahre, um. Diesmal waren es vorwiegend junge Menschen, die von einem 32 jährigen, rechtsradikalen Christen aus dem eigenen Lande sinnlos, kaltblütig getötet wurden. Nicht nur Norwegen sondern die gesamte Welt trauert um die Opfer und zwingt zum Nachdenken.

Als zweitgrößter Terrorakt in der amerikanischen Geschichte gilt der Bombenanschlag auf ein Verwaltungsgebäude in Oklahoma City, als 1995 am 19. April 168 Menschen starben, darunter19 Kleinkinder unter sechs Jahre. Der Täter, Timothy McVeigh, war 33 Jahre alt, ehemaliger Soldat und katholisch, aber ohne nennenswerte religiöse Bindung
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Zurück zur Börse. Nach einem schwachen Wochenanfang beeindruckte der Dow Jones am Dienstag mit einem Anstieg von über 200 Punkten, was das bisher beste Tagesergebnis in diesem Jahr war. Auch die restliche Woche konnte sich sehen lassen. Das Kaufinteresse hatte drei Gründe.

1.)  Überwiegend positive Quartalsergebnisse lieferten die fundamentale Basis für diese Rallye. Von den bisher 88 Gesellschaften im S&P 500, die ihre Quartalszahlen vorlegten, lagen 75% über den Erwartungen und nur 12% enttäuschten. Der Computer-Hersteller Apple übertraf alle Schätzungen bei weitem. Der Aktienkurs stieg innerhalb eines Monats um fast 25% und weist inzwischen mit $364 Mrd. die zweit-höchste Marktkapitalisierung nach dem Ölgiganten Exxon Mobil ($420 Mrd.) auf. Die Umsätze sind atemberaubend. Meine Warnung vor einem zu hohen Aktienkurs war hier offensichtlich falsch. Wer Positionen hat, kann weiter halten, aber sollte mit einem Teilstop um $380 arbeiten. Zu einem Kauf kann ich mich auf diesem Niveau von $393 nicht durchringen. Wenn einmal einen Trend verpaßt wird, sollte man nicht auf einen fahrenden Zug aufsteigen. Es gibt genügend andere Alternativen, die ich auf der Hotline anspreche.

2.) Die europäische Einigung in der Finanzkrise Griechenlands schaffte politische Erleichterung, auch wenn es noch keine abschließende Lösung ist. Hierzu bedarf es noch einiger Monate und weiterer Beschlüsse. Dies ist ein Geduldspiel, was politisches Geschick und Durchsetzungsvermögen voraussetzt. Europa wird nicht an Griechenland scheitern!

3.) Hoffnungen auf eine Einigung in der Erhöhung der amerikanischen Verschuldungsgrenze wurden am Wochenende zerstört. Es bleibt noch eine Woche, bis einschneidende Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine Zahlungsunfähigkeit der USA zu vermeiden. Politiker spielen hier mit dem Feuer. Wall Street wird daher nicht nur wegen der Massenmorde in Norwegen am Montag schwächer eröffnen. Vielleicht überzeugen gute Quartalszahlen im Wochenverlauf wieder Anleger zum Kaufen, da Aktien aus fundamentaler Sicht keinesfalls zu hoch bewertet sind. Die Sommerrallye hat noch etwas Luft, sofern die Politik keinen Strich durch diese Rechnung macht.

Edelmetalle erholten sich, auch wenn Gold den geringsten Wochenanstieg (hellgrüner Pfeil) in der obigen Tabelle aufweist. Texas Öl (WTI) stellte den Wochensieger, während Silber Tagessieger am Freitag wurde und weiterhin die Jahresführung behält (zwei grüne Pfeile). Der DAX weist seit Januar mit einem Plus von knapp 6% (hellgrüner Pfeil) zwar den geringsten Anstieg in der Tabelle auf, ist jedoch mit der beste europäische Aktien-Index in diesem Jahr.













Ein internationaler Vergleich bestätigt die Überlegenheit von amerikanischen Aktien (orange Pfeil). Seit Mai 1994 wurde in den vergangenen 17 Jahren ein durchschnittlicher Gesamtgewinn (Kursgewinn plus Dividenden reinvestiert) von 10 % pro Jahr erzielt. Die restliche Welt kam im gleichen Zeitraum auf ein Plus von 7,7% im Jahr (hellblauer Pfeil). Die Schwellenländer waren bis vor wenigen Jahren am schwächsten (grüner Pfeil). Um das obige Chartbild vergrößert zu sehen, bitte zweimal die Graphik anklicken.











Der Welt-Aktien Index setzt sich aus über 9.000 Titeln von 45 Ländern zusammen. Die Marktkapitalisierung betrug Ende 2010 rund $33 Billionen! Amerikanische Werte machten 43% davon aus, Deutsche Titel kamen auf 3%, während die Schweiz knapp darunter lag und Österreich nicht einmal 0,2% erreichte. Das durchschnittliche KGV (Kurs-Gewinn Verhältnis) des Welt-Indexes lag bei 16,78 und der Preis zum Buchwert bei 1,85. Die Dividenden-Rendite war mit 2,24% höher als die Rendite von 5-jährigen US-Staatsanleihen!












Die hier angezeigte Korrelation mit den Gewinnen der im S&P 500 Index vertretenen US-Unternehmen und dem Goldpreis ist keinesfalls eindeutig. Der englische Text vertritt die Meinung, dass die derzeitigen Rekordgewinne nicht so bemerkenswert sind, da sie gegenüber dem Goldpreis verblassen. Kurz nach der Jahrtausendwende waren bei diesem Vergleich die S&P 500 Gewinne auf einem relativen Rekordhoch (grüner Pfeil) wegen des stark gefallenen Goldpreises. Während der Finanzkrise von 2008 fielen die Gewinne nicht nur auf ihren absoluten Tiefststand, sondern erreichten auch  einen relativen Tiefststand (roter Pfeil) verglichen mit dem stark gestiegenen Goldpreis. Die aktuellen Rekordgewinne verblassen nur beim Vergleich mit dem hohen Goldpreis (blauer Pfeil) und bewegen sich dadurch scheinbar auf einem Niveau, das es bereits zwischen 1975 und 1995 mehrfach gab (gelbe Linie). Dies ist jedoch ein Trugschluss, da die Möglichkeit einer momentanen Überbewertung des Goldes außer Acht gelassen wird. War das Gold vor 12 Jahren, als der Feinunzenpreis auf $255 gefallen war, vollkommen unterbewertet (ich empfahl damals Goldkäufe!), so ist es heute nach einem Anstieg von über 500% eher überbewertet, auch wenn dies bei vielen Goldfetischisten sicherlich kaum Gehör finden wird. Der Edelmetallsektor wird heutzutage mehr emotionell als rationell betrachtet. Die internationale Verschuldungskrise trägt dazu entscheidend bei. Meine jüngste Goldpreisprognose von $1.700 pro Feinunze bis Jahresende beruht primär auf emotionellen Gründen! Emotionen können mitunter Berge versetzen! Dies hat die Internetblase vor 11 Jahren gezeigt. Meine Goldminen-Empfehlungen diskutiere ich regelmäßig auf der Hotline.




Der Bausektor befindet sich seit Ende 2008 auf der Talsohle (rote Schattierung). Der jüngste Anstieg (grüner Pfeil) deutet sogar auf eine mögliche Verbesserung hin. In der Vergangenheit (zwei hellgrüne Pfeile) hatte sich diese Hoffnung allerdings nicht bestätigt. Das Licht am Ende des Tunnels ist vielleicht erkennbar, aber die Strecke bis zum Ende ist noch nicht abzuschätzen! Bauwerte stehen auf meiner Beobachtungsliste und habe in den vergangenen 12 Monaten bereits mehrfach gute Handelschancen offeriert.

Finanzwerte konnten sich im Wochenverlauf von dem vorangegangenen starken Verkaufsdruck - die Commerzbank-Aktie fiel kurzfristig sogar unter Euro 2,5 - wieder teilweise mit Kursgewinnen von bis zu 15% erholen. Bis Jahresende rechne ich mit weiterhin deutlichen Verbesserungen, auch wenn dies eine Minderheitsansicht ist. Neukäufe im Finanzsektor sind allerdings erst wieder vorzunehmen, wenn die diesjährigen Tiefststände erneut ins Blickfeld kommen. Hierzu gibt die Hotline aktuelle Auskunft neben weiteren Empfehlungen und Einschätzungen  Der nächste Blog erscheint am Montag, den 1. August.




Heiko Thieme

Samstag, 16. Juli 2011

US-Bonität in Frage




Die Börse wird zum politischen Spielball. Das von Republikanern kontrollierte US-Repräsentantenhaus verweigert bisher die notwendige Erhöhung der staatlichen Verschuldungsgrenze, um vom Weißen Haus politische Zugeständnisse zu erzielen. Die Rating-Agenturen haben bereits mit einer Reduzierung der Bonität Amerikas, die seit 1917 die höchste der Welt ist, gedroht, Das Zeitfenster wird eng. Fällt die Bonität, steigen die Zinsen. Bei einer Staatsverschuldung von über $14 Billionen ist dies kein Pappenstiel. Ein Prozent hoehere Zinsen bedeuten $140 Milliarden Mehrbelastung im US-Bundeshaushalt.

Wall Street stand im Wochenverlauf unter Verkaufsdruck; daran konnte die leichte Erholung am Freitag nur wenig ändern. Der Edelmetallsektor wird zum Wochensieger, wobei Silber den ersten Platz einnimmt (grüner Pfeil) und auch seit Jahresbeginn vorn liegt (grüner Pfeil). 

Der DAX ist der Wochenverlierer (roter Pfeil) und weist auch seit Jahresbeginn den geringsten Anstieg (gelber Pfeil) auf. Allerdings verbessert sich das Resultat deutlich, wenn man die Stärke des Euro (+5,9%) seit Januar mitberücksichtigt.


Der US-Aktienmarkt ist nicht überbewertet, Das aktuelle Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 16 ist das niedrigste Niveau seit 20 Jahren (hell-grüne Linie und hell-grüner Pfeil) und liegt innerhalb eines seit 1900 existierenden Korridors (hell-blaue Schattierung). Fällt das KGV auf sieben oder sogar noch darunter (blaue Schattierung), so ist der Aktienmarkt ein klarer Kauf (blauer Pfeil). Steigt das KGV dagegen auf 22 bzw. darüber hinaus (gelbe Schattierung), so ist Gewinnmitnahme empfohlen. Während der Internet-Blase um die Jahrtausendwende (rosa Pfeil und Schattierung) und der Finanzkrise von 2008 (roter Pfeil und Schattierung) wurde jede rationelle Bewertungsbasis außer Acht gelassen, und nachher durch hohe Kursverluste bestraft.




Der Dow Jones Index befindet sich weiterhin in einem Aufwärtstrend seit Beginn der Hausse am 9. März 2009 (grüne Linie). Erst ein deutliches Unterschreiten der 12.000 Marke würde dies in  Frage stellen.
 



Der US-Verbraucher ist stark verunsichert über die weitere Wirtschaftsentwicklung. Das aktuelle Stimmungsbild (roter Pfeil) ist auf das niedrigste Niveau seit März 2009 (rosa Pfeil) zurückgefallen. Auch hier belastet der politische Machtkampf zwischen den Republikanern und dem Weißen Haus.
 



Das schwache Stimmungsbild beeinträchtigt auch den Einzelhandel, der nach acht robusten Monaten (blaue Schattierung) seit April (roter Kreis) stagniert, obwohl der Anstieg zum Vorjahr mit rund 8% (grüner Pfeil) immer noch respektabel ist.
 


Die Inflationsrate ist seit Oktober 2010 auf Jahresbasis fast kontinuierlich gestiegen (blauer Pfeil), nachdem sie zuvor seit Ende 2009 gefallen war. Nach wie vor stellt dies keine akute Gefahr dar. Die Kernrate - ohne Nahrungsmittelpreise und Energiekosten - liegt weiterhin unter der zwei Prozentmarke (rosa Pfeil), nachdem sie fast ein Jahr lang die ein Prozentmarke nicht überschritten hatte (grüne Schattierung). Die Gesamtrate ist zwar auf 3,4% gestiegen (roter Pfeil), weist jedoch keine unmittelbare weitere Beschleunigung auf.

In Asien und Latein Amerika hat das Inflationsthema jedoch in jüngster Zeit an Bedeutung gewonnen. Daher sind in diesen Regionen die Leitzinsen spürbar gestiegen.




Die Verunsicherung am Aktienmarkt hat zu einer Zuflucht am Rentenmarkt geführt. Renditen von 10-jährigen US-Staatstiteln sind wieder unter die 3%-Marke gefallen (blauer Pfeil). In den vergangenen drei Jahren gab es nur sechs Monate mit noch niedrigeren Renditen (grüne Schattierungen). Zinsen für Tagesgelder bewegen sich weiterhin in der Nähe des Null-Niveaus (blaue Linie)




Schlagzeilen machte das Gold mit einem neuen Rekordhoch. Die $1.600 Marke - mein ursprüngliches Jahresziel -  ist fast erreicht. Die Markttechnik lässt jetzt sogar auf einen Anstieg von $1.700 bis Jahresende schließen. Nach wie vor ist Gold bei institutionellen Anlegern unter-repräsentiert.

Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf meiner Börsenhotline. Der nächste Blog erscheint am Montag, den 25. Juli.



















Heiko Thieme

Samstag, 9. Juli 2011

Sommerrallye (kurz) unterbrochen



Unerwartet schwache Arbeitsmarktdaten unterbrachen am Freitag die bis dahin eindrucksvolle Sommerrallye, die beim Dow Jones und S&P 500 Index am 15. Juni begann und beim Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) zwei Tage später einsetzte. Bis zum Donnerstag betrug das Plus beim Dow Jones und S&P 500 rund 7%, während der Nasdaq sogar fast 10% zulegte. Trotz der Indexverluste am Freitag konnte Wall Street ein Wochenplus verteidigen. Der Dax verfehlte in Frankfurt dies jedoch knapp. Der Tagessieger (grüner Pfeil) war das Gold, das sich vom Minus der Vorwoche wieder deutlich erholen konnte. Der Ölpreis kam wegen der Arbeitsmarktdaten unter Verkaufsdruck und stellte beim Texas Öl (roter Pfeil) am Freitag das Schlusslicht dar.

Seit einigen Monaten ist die enge Korrelation zwischen Texas-Öl und Nordsee-Öl (Brent) aufgehoben. Der Texas-Ölpreis (WTI) reflektiert nur noch die einheimische US-Nachfrage, während das Nordsee-Öl (Brent) jetzt die internationale Angebot und Nachfrage Situation widerspiegelt. Daher wird in der obigen Tabelle in Zukunft der Brent-Preis hinzugefügt. Der bisherige Jahressieger mit einem Plus von fast 25% ist Brent-Öl (grüner Pfeil), während Texas-Öl  mit lediglich Plus 5,3% der Verlierer ist. Auf Wochenbasis nahm das Silber den ersten Rang ein (grüner Pfeil); der Euro wurde dagegen wegen der fortdauernden Finanzkrise im Euro-Raum zum Verlierer (roter Pfeil).

Am Montag beginnt die Gewinnsaison, die traditionell vom Aluminium-Produzenten Alcoa eingeleitet wird. Während sich die Gewinne im zweiten Quartal allgemein weiterhin verbessert haben werden, kommt es entscheidend auf die weitere Einschätzung der Unternehmen an, um die Sommerrallye fortzusetzen. Die Höchststände vom April können dabei im Juli wieder erreicht und sogar noch etwas überschritten werden. August und September dürften dagegen etwas schwieriger werden.
 





Die Arbeitsmarkdaten für Juni lagen deutlich unter den Erwartungen. Hatte man allgemein mit über 100.000 neuen Arbeitsplätzen gerechnet, so waren es tatsächlich lediglich 18.000 und gleichzeitig wurden die beiden Vormonate noch um 44.000  nach unten revidiert. Dies kommt quasi einem Stillstand gleich (zwei hell-grüne Pfeile). Zwar wurden in der Privatwirtschaft im Juni immer noch 57.000 Arbeitsplätze nach 73.000 im Mai geschaffen, jedoch kam es im öffentlichen Dienst zu Entlassungen in Höhe von 39.000 im Juni und 48.000 im Mai. Die Arbeitslosenrate stieg auf 9,2%. Dies ist ein deutlicher Warnschuss für Präsident Obamas Wiederwahl-Ambitionen im November nächsten Jahres.


Während der Rezession von 2008/2009 kam es zu einer enormen Entlassungswelle (linke rote Schattierung), die nur drei Monate unterbrochen wurden (dunkelblauer Pfeil) aufgrund von temporären Einstellungen im öffentlichen Dienst wegen der Volkszählung im Frühjahr 2010. Die anschließenden Entlassungen erzeugten wieder negative Zahlen (roter Pfeil), bevor ab September 2010  die Erholung am Arbeitsmarkt einsetzte. Der Arbeitsmarkt wird auch in den kommenden Monaten eine Belastung für das US-Wirtschaftswachstum bleiben. Zu einer erneuten Rezession wird es jedoch nicht kommen.










Der Euro bewegt sich zum US-Dollar seit drei Monaten in einem fallenden Trendkanal (rote Linie). Die Unterstützung liegt bei $1,41 (grüne Linie). Der schwarze und rote Kreis zeigen erfolglose Ausbrüche an. Meine Strategie bleibt unverändert. Der $ ist kaufenswert zwischen $1,42 bis $1,49 zum Euro, während der Euro erst unter $1,30 bis $1,20 attraktiv ist. Zur Zeit ist der $ attraktiv.




Der Goldpreis bewegt sich seit knapp drei Monaten in einer für Händler interessanten Bandbreite von $1.480 (blaue Linie) und $1.550 (rote Linie). Mein Kaufniveau von $1.425 wurde seit April nicht mehr gesehen. Ich bin weiterhin geduldig. Im Goldsektor bleiben Nemont Mining (NEM - $55) und Freeport McMoRan Copper&Gold (FCX - $55) meine Favoriten. Das Kaufniveau liegtbei beiden Titeln zwischen $47 und $52.






Seit zwei Jahren bewegt sich der Goldpreis in einem Aufwärtstrend (rote und blaue Linie), der nur einmal kurzfristig nach oben (hell-blauer Kreis) und unten (weißer Kreis) durchbrochen wurde gefolgt jeweils von einer deutlichen Gegenreaktion. Ginge dieser Aufwärtstrend in gleicher Form weiter, so würde der Feinunzen-Preis am Ende dieses Jahrzehnts über $13.000 liegen, was ich für vollkommen unrealistisch halte. $1.600 bleibt meine Prognose für den Goldpreis am Jahresende.

Die folgenden Interviews liegen zwar schon einige Monate zurück, sind aber aus der Retrospektive vielleicht doch von Interesse. Zum Abspielen einfach auf den jeweiligen Link ((blaue Schrift) klicken

Interview N24 vom 19. März 2011


Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint am Montag, den 18. Juli.






 
el Viento ha Subido; www.sjwht.com


Heiko Thieme

Sonntag, 3. Juli 2011

Erfolgreiches 1.Halbjahr









Ende gut, alles gut. Gemäß diesem Spruch konnten Börsianer mit dem ersten Halbjahresergebnis sehr zufrieden sein. Die letzte Woche des zweiten Quartals brachte beim S&P 500 und Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) sogar mehr ein als das gesamte Halbjahr. Wer die Höhen und Tiefen beim Dow Jones in den vergangenen sechs Monaten ausnutzte, kam anstatt der bereits beachtlichen 7,2% sogar auf das Dreifache - nämlich fast 22%! Sowohl der Tsunami in Japan Mitte März als auch die Finanzkrise in Griechenland Mitte Juni offerierten günstige Einstiegschancen für mutige Investoren. Mitte März und auch Mitte Juni riet ich in verschiedenen Fernsehinterviews (N24 und DAF) und auf der Hotline zum Kauf.

Der Freiverkehrsmarkt wurde Tages- und Wochensieger (grüne Pfeile); Silber war der klare Verlierer nicht nur im Juni, sondern auch auf Wochenbasis und im Tagesverlauf (drei rote Pfeile). Dennoch liegt das Silber im Halbjahresvergleich und auch seit Jahresbeginn weiterhin vorn (zwei grüne Pfeile).  Der Quartalssieger war der Dax (grüner Pfeil). Das Öl dagegen wurde zum Quartals-Verlierer mit einem Minus von fast 11% (roter Pfeil), was auch zum geringsten Anstieg im Halbjahr und seit Jahresanfang beitrug (zwei hellrote Pfeile).

Meine Prognosen für das zweite Halbjahr in Kurzform:

Die Sommerrallye, die vor zwei Wochen begann, hat noch weiteres Potential. Allerdings wird die 13.000-Marke beim Dow Jones wahrscheinlich erst im vierten Quartal genommen werden. August und September könnten nochmals einen Verkaufsdruck erzeugen. Ein erneutes Unterschreiten der 12.000-Marke beim Dow Jones und der 7.000-Marke beim Dax ist allerdings unwahrscheinlich. Am Jahresende kann der Dax ein neues Rekordhoch von 8.200 erzielen. Die meisten Privatanleger waren bisher nur Zuschauer.

Die momentane Wachstumsschwäche in den USA ist nur temporär und wird keine erneute Rezession einleiten. Auch die Inflation bleibt unter Kontrolle. Der Ölpreis kann noch um weitere 10% bis 15% fallen. Gold ist ab $1.425 interessant; Silber ist erst wieder zwischen $25 bis $30 pro Feinunze kaufenswert. Der US-Dollar ist gegenüber dem Euro unterbewertet. Die Kaufkraft bleibt bei $1,20 bis $1,30 zum Euro. Die interessanteste Währung ist der chinesische Renminbi auf Sicht von zwei bis drei Jahren.

Die US-Notenbank wird die Leitzinsen bis Jahresende nicht erhöhen. Mit einem weiteren Stimulanzprogramm (QE3) ist jedoch kaum zu rechnen, obwohl das Wirtschaftswachstum im Jahresdurchschnitt die 3%-Marke nicht überschreiten wird. Das zweite Halbjahr wird jedoch ein höheres Wachstum als das erste Quartal aufweisen. In Deutschland bleibt die Wirtschaft relativ robust. Unternehmensgewinne werden weiterhin steigen, auch wenn der Verbesserungstrend etwas nachlässt.

Ulrich Stephan von der Deutschen Bank und ich diskutierten am Freitag, den 1. Juli im Deutschen Anlegerfernsehen (DAF) mit Andreas Scholz über die aktuelle Wirtschaftslage und Aussichten im zweiten Halbjahr. Die Diskussion ist in zwei Segmente aufgeteilt und kann durch jeweiliges Anklicken der blau markierten Zeilen gesehen werden.


Teil 1:
http://www.daf.fm/video/wochenrueckblick-heiko-thieme-ulrich-stephan-was-nun-dax--50145571-DE0008469008.html

Teil 2:
http://www.daf.fm/video/wochenrueckblick-heiko-thieme-ulrich-stephan-was-nun-dax--50145571-DE0008469008.html

Am Ende dieser Fernseh-Diskussion wird ein Dax Ziel von 250.000 im Jahre 2043 genannt. Dies ist keine Prognose, sondern lediglich die Extrapolation des gegenwärtigen Trends bis zu meinem 100. Geburtstag. Die momentane Geschwindigkeit der Börse ist auf Dauer gesehen zu schnell. Der Jahresdurchschnitt liegt bei 10% für den Dax (inklusive Dividenden) und bei rund 7% für den Dow Jones (exklusive Dividenden). Somit könnten der Dax und Dow Jones in den nächsten 32 Jahren auf einen Indexstand von jeweils 100.000 kommen. Ein Indexziel von jeweils 50.000 wäre dagegen sehr konservativ.




Hauspreise nähern sich in den USA der Talsohle. Dieser Prozess kann sich noch bis zum Jahresende hinziehen. Bauwerte stehen seit einigen Monaten bereits auf meiner Beobachtungsliste und werden auf der Hotline öfters diskutiert. Der drastische Einbruch (rote Markierung) endete vor zwei Jahren. Steuerliche Anreize erzeugten eine 10-monatige Erholung (blaue Markierung), bevor es erneut zu einer Preisschwäche kam. Die saisonal unbereinigten Monatsdaten lassen sogar eine leichte Verbesserung erkennen, obwohl die bereinigten Daten noch leicht im Minus liegen (grüner Pfeil). Der Jahresvergleich fällt dagegen immer noch deutlich negativ (-3,1%) aus.




Die amerikanische Herstellungsindustrie hat sich im Juli etwas erholt (grüner Pfeil) und liegt deutlich über der mit Wachstum assoziierten Marke von 50 (blaue Linie). Allerdings beruht die jüngste Verbesserung primär auf höheren Lagerbeständen, was Fragezeichen aufwirft. Der Einbruch vor drei Jahren (rote Schattierung), ist seit Mitte 2009 überwunden (blaue Schattierung), ohne jedoch ein nachhaltiges Wachstum aufzuweisen. Verzerrungen und Belastungen aufgrund des Tsunamis in Japan vom März dauern immer noch an. Im zweiten Halbjahr rechne ich mit einer deutlichen Beruhigung im Herstellungsbereich.

Am Montag, den 4. Juli sind die US-Börsen wegen der Feiern zum Unabhängigkeitstag geschlossen. Nach dem fünftägigen Aufwärtstrend ist der US-Aktienmarkt technisch gesehen überkauft, was die erste Juli-Woche temporär etwas belasten kann. Die Börsenampel bleibt jedoch vorläufig auf grün. Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint in einer Woche am 11. Juli.







Heiko Thieme