Samstag, 30. Juni 2012

Beifall











Das europäische Gipfeltreffen stand unter einem äußerst geringen Erwartungshorizont. Nervosität anstatt Hoffnung prägte die Stimmung an den internationalen Börsen noch am Donnerstag und führte teilweise zu deutlichen Tagesverlusten. Selbst die knappe 5:4 Mehrheit beim amerikanischen Obersten Gerichtshof (Supreme Court) für die Krankheitsreform von Präsident Obama erzeugte nur geringes Kaufinteresse an Wall Street. Immerhin stimmte der als konservativ geltende Chefrichter, John Roberts, mit den vier liberalen Richtern anstatt mit seinen konservativen Kollegen. Für Obama ein wichtiger Sieg mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen im November.

Umso stärker die Überraschung und der Beifall am Freitag, als in Brüssel ein pragmatisches Finanzierungskonzept für den Bankensektor erzielt wurde, ohne dass Frau Merkel einen Gesichtsverlust hinnehmen musste. In der Politik ist die Bereitschaft zum Kompromiss eher ein Zeichen von Stärke anstatt Schwäche. Hartnäckigkeit und Sturheit sind keine Tugenden und führen selten zum Erfolg. Mit dieser Einigung haben die Politiker gezeigt, dass es eine Zukunft für ein gemeinsames Europa gibt. Allerdings müssen noch etliche Hürden und Engpässe überwunden werden.

Das Kursfeuerwerk am Freitag beruhte auch teilweise auf Eindeckungen von Leerverkäufen und stellt damit eine gewisse Übertreibung dar. Im gleichen Tempo wird und kann es nicht weiter nach oben gehen. Ansonsten wuerde der DAX am Jahresende bei 35.000 stehen. Allerdings spricht jetzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit daf
ür, dass die Tiefststände in diesem Jahr bereits Anfang Juni gesehen wurden. Dies erwähnte ich bereits vor drei Wochen auf der Hotline. Im Ölsektor gab es den mit Abstand größten Tages- und Wochenanstieg (grüne Pfeile). Der Euro wies dagegen die geringste Verbesserung auf (hellgrüne Pfeile). Der Juni war am Ende gut für Aktien, wobei der S&P 500 vorn lag (grüner Pfeil); Silber und Öl (roter Pfeil) blieben dagegen im Minus. Das zweite Quartal brachte keinen einzigen Sieger hervor! Alle Kategorien der obigen Tabelle endeten in roten Zahlen, wobei der Dow Jones noch am besten abschnitt (hellroter Pfeil). Das Nordsee-Öl (Brent) verlor über 20% (roter Pfeil), während Texas-Öl im ersten Halbjahr zum Verlierer wurde (roter Pfeil). Der Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) führt hier das Feld unter den Aktienmärkten an (grüner Pfeil).

Diese Woche gab ich zwei Interviews im Deutschen Anleger Fernsehen (DAF), die in drei Segmenten gesendet wurden. Der Zeitpunkt der Sendungen steht jeweils am Anfang. Die jeweiligen Kommentare und drei Videos geben meine augenblickliche Strategie und konkreten Empfehlungen wieder.

28.06.2012 17:20

Heiko Thieme: 

"DAX mit 7.500 Punkten bis zum Jahresende"

"Wir haben ein gutes Börsenjahr, trotz der Volatilität," so Börsenexperte Heiko Thieme. "Ich meine 7.000 Punkte vor Jahresende sind möglich." Auch 7.500 Punkte hält der Experte für möglich. Dennoch können auch die 6.000 Zähler noch einmal getestet werden. "Wichtig ist, was passiert mit China in den nächsten Monaten," so Thieme. "Schwächt sich die Wirtschaft unter sieben Prozent ab oder kann sie sich bei sieben Prozent halten?" 

Am Donnerstag und Freitag findet in Brüssel der EU-Gipfel statt. Thema wird u.a. die Fiskalunion sein. "Der Integrationsprozess eines neuen Europas wird dauern," so Thieme. "Den können wir in der Sitzung in dieser Woche nicht erledigen." Man könne nur ein Europa schaffen, wenn auch die Souveränitätsrechte, die jetzt bei den einzelnen Staaten liegen, freiwillig an Europa übertragen werden. "Wer die Chance eines gemeinsamen Europas verkennt, der wird die Tragödie dann erleben," analysiert der Börsenexperte. "Denn ein Europa, das in sich nicht einig ist, kann international nur sehr schwer konkurrieren." Deutschland hätte das größte Problem, denn Deutschland sei der Profiteur von dieser echten europäischen Situation mit einem Zins von 1,5 Prozent für 10-jährige Staatstitel. "Wenn wir diese Situation nicht hätten, müsste der deutsche Zinstitel auch bei mindestens bei zwei, drei oder 4 Prozent stehen." Was Heiko Thieme von einer Rückkehr zur D-Mark hält, sehen Sie im Interview.

 http://www.daf.fm/video/heiko-thieme-dax-mit-7500-punkten-bis-zum-jahresende-50155152.html

Redakteur: Karolin Oltersdorf

28.06.2012 19:07

Börse Live (28.06.): 

Heiko Thieme spricht Klartext!

In der Sendung Börse Live bringt der Fondsmanager die Dinge wie immer auf den Punkt. Heiko Thieme spricht über die Fiskalunion und den Krisengipfel und ordnet die Hilfen für die älteste Bank der Welt ein.

Darüber hinaus bekommen Sie in der Sendung die Tops und Flops des DAX und die dazugehörenden Hintergrundinformationen. Abgerundet wird die Sendung durch die Rohstoffe und den Blick auf den Devisenmarkt.

Den ersten Teil der Sendung finden Sie hier.
  http://www.daf.fm/video/boerse-live-2806-heiko-thieme-spricht-klartext-50155180.html

  Redakteur: Thomas Schwarzer














In den vergangenen 12 Monaten dominierte Volatilität an den Börsen. Der Weltaktienindex gleicht dabei einer Achterbahnfahrt. Im Juli 2011 standen die Börsen vor einem Abgrund, der politische Ursachen hatte. Innerhalb von drei Monaten verlor der Weltindex 22% (gelber Pfeil), was eine Baisse bedeutete. Im Oktober setzte ein Erholungstrend ein, der bis Anfang April - also sechs Monate - anhielt (blauer Pfeil). Das Plus von 27% kennzeichnete eine neue Hausse. Daraufhin folgte eine zweimonatige Korrektur (roter Pfeil), die 13,5% kostete. Seit Anfang Juni befinden sich die Weltbörsen wieder in einem Aufwärtstrend (dunkelblauer Pfeil), der bisher 8%% einbrachte.

Seit Jahresbeginn hat der Weltaktienindex 5,5% zugelegt und damit ein durchaus befriedigendes Ergebnis vorgelegt. Vom Tiefstand Anfang Oktober beträgt das Plus sogar beachtliche 18% (schwarzer Pfeil). Bis Jahresende kann der bisherige Höchststand vom April wieder erreicht und sogar noch etwas überschritten werden. Dies setzt allerdings politische Fortschritte in Europa und USA in puncto Verschuldungskrise voraus. Politiker müssen weitere Kompromisse finden und dabei ihre parteilichen Eigeninteressen in den Hintergrund stellen. Im öffentlichen Sektor sind Sparmaßnahmen notwendig, während der private Sektor durch steuerliche und wirtschaftliche Stimulanzprogramme zum allgemeinen Wachstum beitragen muss. Dieser nicht einfache Spagat würde an den Börsen weiteren Beifall bringen.















Im Bausektor tut sich etwas. Bauaktien sind seit den Tiefständen im vergangenen Oktober deutlich gestiegen, teilweise um 100% - 150%! Der Grund für diesen Optimismus liefert eine allmähliche Preisstabilität bei Hauspreisen. In den 20 größten Ballungszentren Amerikas gibt es seit Februar Anzeichen von steigenden Preisen bei Verkaufen von existierenden Häusern (grüne Schattierung). Die davorliegenden 22 Monate (gelbe Schattierung) waren dagegen durch Preisschwäche markiert. Davor gab es einen einjährigen Erholungstrend (blaue Schattierung), der sich jedoch nicht durchsetzen konnte, da zu viele Hypotheken platzten. Von 2008 bis 2009 (rote Schattierung) gab es den größten Einbruch im Immobiliensektor.

Drei Monate stellen zwar noch keinen nachhaltigen Erholungstrend dar, sollten jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Meine Empfehlungen m Bausektor vor neun Monaten waren durchaus zeitgerecht.

 Zum Schluß ein kurzer Vorschlag zum Fußball. Anstatt das Elfmeter-Schießen erst nach einer unentschiedenen Verlängerung abzuhalten, sollte es bereits nach dem Unentschieden während der normalen Spielzeit stattfinden. Damit würde die anschließende Verlängerung spielerisch interessanter sein, da ein Team bereits weiß, das es verliert, wenn die Verlängerung unentschieden ausgeht.

Weitere Empfehlungen und Einschätzungen auf der Hotline. Mein nächster Blog erscheint am Montag, den 9. Juli. Die Schaubilder können durch Anklicken vergrößert werden.



























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HeikoThieme

Montag, 25. Juni 2012

Wachstumswarnungen










Der Rohstoffsektor steht unter einem starken Verkaufsdruck. Besonders hart trifft es momentan den Ölsektor. Nordsee-Öl (Brent) war der Wochenverlierer (roter Pfeil) und Texas-Öl (WTI) weist im Vergleich zum Jahresbeginn das größte Minus auf (roter Pfeil), obwohl es der Tagessieger am Freitag (grüner Pfeil) war. In China soll das Wachstum deutlich schwächer sein als öffentlich bekanntgegeben wird. Dies drückt die Rohstoffpreise.

An der Börse war der Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) sowohl Wochen-  als auch Jahressieger (grüner Pfeile). Der Dax nahm an der Erholung am Freitag nicht teil, sondern stellte das Schlusslicht auf der Tabelle (roter Pfeil).








Die US-Notenbank schätzt die allgemeine Wirtschaftslage etwas skeptischer als noch vor drei Monaten ein  und senkte seine Prognosen für dieses und auch die nächsten Jahre. Ich warnte bereits zu Jahresbeginn vor zu hohen Erwartungen und nannte die zwei Prozent-Marke beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) eine Hürde. In Deutschland stellt bereits Wachstum von nur ein Prozent eine Herausforderung dar, während etliche Teile Europas mit einer Rezession kämpfen. Auch der US-Arbeitsmarkt wird sich nicht so schnell wie erhofft erholen. Die Prognosen vom April sind rot markiert. Bleibt die Arbeitslosenrate deutlich über der 8%-Marke, so kann dies die Wiederwahlchancen von Präsident Obama entscheidend schwächen. Erfreulich ist dagegen die Inflationserwartung, die jetzt von einer deutlich niedrigeren Verteuerungsrate ausgeht. Auch dies entspricht meiner Jahresanfangsprognose.










Der Ölpreis befindet sich bereits seit Ende Februar auf einem Rückwärtstrend. Diese Woche wurde meine Jahresanfangsprognose von einem Ölpreis unter $80 pro Barrel bestätigt. Nach dem  Rückgang von fast 30% seit Ende Februar liegt das Öl wieder in meinem Kaufbereich von $70 - $80. Hohe Lagerbestände und neue Ölquellen drücken das Preisniveau. Schwächt sich das globale Wachstum deutlich ab, so ist sogar ein weiterer Preisenbruch wie vor vier Jahren möglich. Damals fiel das Öl von $147 im Juli 2008 (roter Pfeil) innerhalb von nicht einmal sechs Monaten (blauer Pfeil) auf $30 zurück.- ein Rückgang von fast 80%! Solche Verkaufschancen und anschließende Kaufgelegenheiten in relativ kurzer Zeit gibt es selten. Auf der Hotline werde ich in der kommenden Woche spezielle Kaufempfehlungen ansprechen.













Die Staatsverschuldung ist zwar ein globales Problem, jedoch trifft dies nicht bei bei allen Ländern zu. Indien und China, die mit Abstand bevölkerungsreichsten Länder, weisen eine relativ geringe Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaft (BIP) auf. Die bei weitem höchste Belastung unter den führenden Nationen der Welt zeigt Japan mit über 200% vom BIP. Allerdings wird die Staatsverschuldung vom japanischen Sparer getragen. In Europa liegen Italien und Griechenland deutlich über der 100%-Marke, wobei Griechenland ohne ausländische Hilfe nicht überleben kann. Deutschland und die USA profitieren von der Finanzkrise aufgrund ihrer niedrigen Zinsen, die im kurzfristigen Bereich fast bei Null liegen. Mit einem solchen Tages-Zinssatz könnten alle Länder ihre Verschuldung finanzieren.










Die Renditen von 10-jährigen US-Staatsanleihen waren mit 1,65% noch nie so niedrig wie jetzt, obwohl die Staatsverschuldung auf einem Rekordhoch steht. Die US-Notenbank hat mit ihrer Niedrigzinspolitik quasi eine fast perfekte Quadratur des Kreises geschaffen. Im kurzfristigen Zinsspektrum - bei Dreimonatsgeldern - macht der Zins nicht einmal 0,1% aus! Bei der aktuellen Verschuldung von rund $15 Billionen würde dies lediglich $8 Milliarden im Jahr kosten, also ein "Taschengeld" für den US-Staat. Ende 1994 lag die Rendite für 10-jährige Anleihen noch bei 8% (grüner Pfeil). Innerhalb von 21 Jahren ist der Zins für 10-jährige Staatstitel um 80% gefallen (roter Pfeil). Trotz der hohen Staatsverschuldung wird es aufgrund der akkommodierenden Notenbankpolitik bis 2014 zu keinem nennenswerten Zinsanstieg in den USA kommen.














Der Dow Jones Index hat sich von seiner einmonatigen Korrektur (roter Pfeil) wieder deutlich erholt und steht fast genau in der Mitte von den bisherigen Hoechst- und Tiefstständen in diesem Jahr. Bis Jahresende wird sich der Dow Jones primär innerhalb der bisherigen Bandbreite von 13.350 und 12.000 bewegen. In den Sommermonaten kann das untere Niveau (grüne Schattierung) nochmals getestet werden. Der obere Bereich (rote Schattierung) wird erst im vierten Quartal getestet und dann vielleicht sogar etwas überschritten werden.

















Weitere Details hierzu im Spiegel-Artikel unter:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,839802,00.html


Amerika weist mit über drei Millionen weiterhin die meisten Millionäre auf, obwohl die Zahl im vergangenen Jahr etwas zurückgekommen ist. Den größten Anstieg von Millionärren verzeichnete Japan. Auch in Deutschland erhöhte sich die Zahl der Reichen im vergangenen Jahr. Berechnet man die Zahl der Millionäre in Relation zur jeweiligen Bevölkerung der Länder so liegt die Schweiz klar an erster Stelle und die USA fällt auf Platz vier zurück. Demnach ist jeder 32. Schweizer Einwohner Millionär.

Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. der nächste Blog erscheint am Montag, den 2. Juli. Zur Vergrößerung die jeweiligen Charts einfach anklicken.



















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Heiko Thieme

Sonntag, 17. Juni 2012

Euro auf dem Prüfstand














Die Erholungsrallye der Vorwoche setzte sich auch in der Woche des vierfachen Hexentanzes fort. Innerhalb der vergangenen zwei Wochen stieg die Dow Jones über 5% und erzielte damit mehr als die Hälfte eines normalen Jahresanstiegs! Der (vierfache) Hexentanz am Freitag fiel zum Vorteil der Optimisten aus, wobei der DAX das Feld anführte (grüner Pfeil). Lediglich Platin kam etwas unter Verkaufsdruck (roter Pfeil), konnte aber dennoch den Wochensieg erzielen (grüner Pfeil). Das Öl dagegen wurde zum Verlierer, nachdem es noch vorletzte Woche als Sieger hervorging. Der Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) führt mit einem Plus von über 10% seit Jahresbeginn, während  Texas-Öl (WTI) das Schlusslicht mit einem Minus von 15% ist. Innerhalb von knapp 6 Monaten liegen Sieger und Verlierer rund 25% auseinander. Vor wenigen Wochen waren die Gewinner und Verlierer noch ganz andere. Flexibilität war in diesem Jahr bisher Trumpf und wird es auch bleiben.


Etliche Kritiker haben das Ende des Euro bereits mehrfach vorausgesagt. Dies wird jedoch nicht eintreten, sondern der Euro bleibt eine echte Konkurrenz zum US-Dollar. Allerdings setzt dies auch eine engere Koordination innerhalb der Euro-Länder voraus, um am Ende eine fungible Europäische Union zu schaffen. Dies erfordert Geduld und gleichzeitig Entschlussfähigkeit. Die derzeitige Finanzkrise kann dabei den notwendigen Entscheidungsprozess sogar beschleunigen. Meine Kaufempfehlung gegenüber dem Euro bleibt somit bestehen.






















Der aktuelle Renditefächer im Euroraum (rechte Seite im Chartbild) ist nichts Neues, sondern es hat ihn bereits Anfang der neunziger Jahre (linke Seite im Chartbild) gegeben, als der Euro noch nicht existierte. Vor 22 Jahren lag die Rendite für 10-jährige deutsche Staatsanleihen bei rund 7,5% (blauer Pfeil links). Heute beträgt die Rendite nicht einmal 1,5% (blauer Pfeil rechts), was eine Zinsentlastung von über 80% bedeutet! Somit profitiert Deutschland ganz entscheidend von der heutigen Finanzkrise. Das gleiche trifft auch auf die USA zu, wo die Renditen für 10-jährige Staatstitel auf einem Rekordtief von gut 1,5% liegen, obwohl Amerika die höchste Staatsverschuldung in seiner Geschichte aufweist und im August vorigen Jahres die höchste Bonitaet (AAA) verlor.


Mit Einführung des Euro - 1999 als Buchgeld und ab 2002 als Bargeld - schloss sich der Renditefächer und bewegte sich auf einer einheitlichen Linie (rotes Oval). Als die amerikanische Hypothekenkrise mit den Pleiten der Investmentbank Lehman Brothers und dem Versicherungskonzern AIG im September 2008 ihren Höhepunkt erreicht hatte, begann sich der Fächer wieder zu öffnen. Die Rendite-Gleichheit war eine völlige Fehleinschätzung der sogenannten Profis, also Banken und Fondmanager. Renditen von italienischen und spanischen Anleihen sind heute mit rund 7% immer noch deutlich niedriger als die fast 15 % vor 22 Jahren! Der Unterschied zu damals (1990) ist, dass die Verschuldung der Staaten seitdem drastisch gestiegen ist und damit auch die Zinsbelastung trotz niedrigerer Renditen.


















Der aktuelle Renditevergleich bei 10-jährigen Staatstiteln zeigt, dass Italien und Spanien mit rund 5,5% (roter Kreis) heute einen geringeren Zinsunterschied gegenüber Deutschland aufweisen als vor 22 Jahren! Bei Portugal ist es  mit 9% anstatt 7,5% etwas mehr (lila Pfeil). Bei Griechenland ist die Zinsschere mit 27% (blauer Pfeil) extrem weit; 1992 lag der Zinsunterschied bei rund 16%. 














Der Anstieg bei den Verbraucherpreisen hat seit September 2011 (roter Pfeil) deutlich nachgelassen (grüner Pfeil) und liegt aktuell unter der 2%-Marke (rote Linie). Die Kernrate - ohne volatile Nahrungsmittelpreise und Energiekosten - befindet sich zwar noch etwas über der roten 2%-Linie, jedoch bedeutet dies keinen unmittelbaren Kostendruck. Inflation ist somit auch weiterhin kein Thema.














Die produzierende Industrie signalisiert eine plötzliche Wachstumsschwäche. Umfragen in Philadelphia sind bereits im Minusbereich (roter Pfeil), während sich New York noch knapp in der Pluszone hält (blauer Pfeil), jedoch das schwächste Ergebnis in diesem Jahr aufweist (grüne Markierung). Besonders Kleinunternehmen beurteilen die unmittelbare Zukunft relativ skeptisch. Dies ist ein Warnsignal für Präsident Obama's Wiederwahlchancen im November. 















Auch der amerikanische Verbraucher zeigt sich in jüngster Zeit etwas skeptisch. Das Stimmungsbarometer ist im Juni von seinem über vierjährigen Höchststand im Mai deutlich zurückgekommen (roter Pfeil); allerdings liegt es immer noch auf einem relativ hohen Niveau (blaue Linie). Deutlich gefallene Benzinpreise können in den kommenden Monaten zu einer besseren Verbraucherstimmung beitragen.











Ende Mai schied Joseph Ackermann als Chef der Deutschen Bank aus. In seiner zehnjährigen Amtszeit erzielte die Bank trotz eines Verlustjahres (2008) insgesamt ein Rekordergebnis von über 42 Milliarden Euro vor Steuern. Trotzdem wurde der gebürtige Schweizer häufig (meist zu Unrecht) kritisiert. Auch seine Vergütung (Gehalt plus Bonus) wurde fast ständig moniert. In den vergangenen drei Jahres erhielt er insgesamt fast 25 Millionen Euro. Sein Grundgehalt von ca. 1,2 Millionen Euro ( wurde 2010 auf 1,7 Mio. Euro angehoben) lag durchaus im vertretbaren Rahmen; der Bonus basierte auf dem jeweils erzielten Gewinn und schwankte von Null (2008) bis über 10 Mio. Euro. Das neue Duo - der Inder Anshu Jain und Deutsche Jürgen Fitschen - werden es nicht leicht haben, die Leistung von Ackermann zu übertreffen.












Die Deutsche Bank Aktie gehört zu meinen Empfehlungen unter den 30 DAX-Werten. Ein Aktienkurs von unter 30 Euro (wie jetzt) offeriert eine Kaufgelegenheit. Spätestens ab 50 Euro sind Positionen aufzulösen.

Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint am Montag, den 25. Juni.

































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Heiko Thieme

Montag, 11. Juni 2012

Erholungsrallye












Wall Street beeindruckte mit dem besten Wochenresultat in diesem Jahr. Auf der Hotline nannte ich zu Wochenbeginn 13 DAX-Werte und fünf Dow Jones-Titel; dies war meine längste Empfehlungsliste seit Jahresbeginn. Die in erster Linie technisch bedingte Erholungsrallye wurde durch politische Hoffnungen ausgelöst, die europäische Verschuldungskrise in den Griff zu bekommen. Schnelle Lösungen wird es jedoch nicht geben, da der politische Entscheidungsprozess zu vielschichtig ist. Die nächste Hürde sind die erneuten Parlamentswahlen in Griechenland am 17. Juni. Der Kreditbedarf der spanischen Banken ist eine weitere Herausforderung, die einer schnellen Lösung bedarf. Generell bezahlt Europa einen sehr hohen Preis für seine politische Unentschlossenheit. Eine reine Sparstrategie, wie sie bisher von Deutschland angestrebt wurde, ist keine Lösung sondern verschärft die Finanzkrise sogar. Schrumpfendes Wachstum bis hin zur Rezession ist kein Fortschritt sondern ein Rückschritt. Steuererhöhungen sind in der jetzigen Situation konterproduktiv. Staat und Privatwirtschaft müssen sich einander ergänzen und nicht bekämpfen. Dies ist und bleibt ein delikater Balance-Akt, der die Politik, Wirtschaft und Börse noch etliche Jahre beschäftigen wird. Volatilität wird das Börsengeschehen in den kommenden Wochen und Monaten kennzeichnen. Da ich mit keinem völligen politischen Einbruch rechne sondern weiterhin praktische Lösungen sehe, ist das derzeitige Risiko an den Aktienmärkten geringer als das Potential. Eine Schwitzpartie wird uns in den Sommermonaten jedoch kaum erspart bleiben. Aktien, die vom Jahreshoechststand mehr als 20% gefallen sind, stehen meist auf meiner Kaufliste; Gewinnmitnahmen oder Stop-Absicherung sind dort empfohlen, wo der Kursanstieg die 20%-Marke erreicht. Hierzu empfehle ich meine Hotline, die es seit fast 26 Jahren gibt.

Der Freiverkwehrsmarkt (NASDAQ) führt die obige Tabelle in allen Zeitabschnitten seit Jahresbeginn an (drei grüne Pfeile). Vor einer Woche waren Edelmetalle die klaren Wochensieger; diesmal landeten sie auf der Verliererseite (roter Pfeil beim Gold). Der Euro liegt nur knapp unter seiner Kaufkraftparität von $1,25 und ist zwischen $1,20 und $1,30 kaufenswert. Das Öl ist inzwischen klarer Verlierer in diesem Jahr (roter Pfeil bei WTI) mit Verlusten von 20% (Brent) bis 26% (WTI). Ich hatte hier regelmäßig vor einem zu hohen Preis gewarnt. Trotz m
öglicher technisch bedingter Preiserholungen rechne ich mit noch niedrigeren Notierungen im weiteren Jahresverlauf.


Am Freitag kommt es wie alle Vierteljahre zum "Hexenwirbel". Jeweils am dritten Freitag im März, Juni, September und Dezember verfallen vier Zeitkontrakte an den Börsen gleichzeitig. Dies ist mit einer relativ hohen Volatilität im Wochenverlauf verbunden. 






Der Ölpreis ist seit seinem bisherigen Jahreshoch Ende Februar von knapp $110 pro Barrel um rund 25% gefallen (blauer Pfeil). Der jüngste Tiefstand wurde Ende 2008 mit $30 pro Barrel gesehen (grüner Pfeil), nachdem nur knapp sechs Monate zuvor im Juli 2008 (roter Pfeil) der bisher absolute Hoechststand mit über $145 erreicht wurde. Das Chartbild zeigt die Ölpreisentwicklung (inflationsbereinigt) seit 1970 (hellblauer Pfeil) an. Der Tiefststand (inflationsbereinigt) wurde Ende der neunziger Jahre (hellgrüner Pfeil) gesehen. Während der ersten Iran-Krise 1980 stieg das Öl auf seinen damaligen Hoechststand, der inflationsbereinigt über $100 pro Barrel lag (lila Pfeil). Auch in den kommenden Jahren wird der Ölpreis aufgrund von Spekulation und politischen Unruhen deutlichen Schwankungen unterliegen. Erst wenn alternative Energien wie Solar, Wind und Hydro voll entwickelt werden, kommt es zu einem nachhaltigen Rückgang beim Ölpreis von deutlich unter $50 pro Barrel. 








Die Lagerbestände beim Rohöl sind in den USA seit Ende 2011 (roter Pfeil) um 19% gestiegen (grüner Pfeil). Dies ist das mit Abstand höchste Niveau in den vergangenen zwei Jahren. Im Sommer werden die Benzinpreise tendenziell fallen und damit dem Verbraucher und der Wirtschaft helfen. 


Weitere Einschätzungen und spezifische Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint am Montag, den 18. Juni.





























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Heiko Thieme

Mittwoch, 6. Juni 2012

Übertriebene Angst


Alle Indikatoren der obigen Tabelle endeten im Mai  deutlich im Minus. Der Mai wird damit wahrscheinlich der schwächste Börsenmonat in diesem Jahr sein. Der einzige "Lichtblick" im Wochenverlauf war am Freitag die Kursexplosion im Edelmetallsektor (grüner Pfeil); im Kontrast dazu stand das Öl, wo es zu weiteren Preiseinbrüchen kam (roter Pfeil). Taxas-Öl führt die Liste der Verlierer seit Jahresbeginn an (roter Pfeil) . Auch der Dow Jones Index steht jetzt im Vergleich zum Jahresbeginn im Minus. Börsianer reagierten am Freitag kopflos, nachdem die Arbeitsmarktdaten in den USA schwächer als erhofft waren. Die Börsen sind markttechnisch betrachtet weit überverkauft. Mit einer Erholungsrallye rechnen zur Zeit die wenigsten. Meist kommt jedoch das, was kaum jemand erwartet. Meine Empfehlungsliste ist in dieser Woche deutlich erweitert. Dies wird auf meiner Hotline diskutiert. 

Die Zahl der neugeschaffenen Arbeitsplätze lag im Mai mit 69.000 (blauer Pfeil) weit unter den Erwartungen - man ging von 150.000 aus. Gleichzeitig wurden die beiden Vormonate - April und März - um fast 50.000 neue Arbeitsplätze reduziert, sodass das allgemeine Bild am Arbeitsmarkt seit drei Monaten (hellblaue Schattierung) spürbar schwächer als ursprünglich angenommen war. Solche temporären Schwächephasen gab es bereits schon zweimal am Arbeitsmarkt seitdem der Erholungstrend vor zwei Jahren begann (gelbe Schattierung und von Mai bis August 2011). Das Ende dieses Wirtschaftsaufschwungs bedeutet es jedoch nicht. Allerdings belastet es die Wiederwahlchancen von Präsident Obama im November.


Die aktuelle Entwicklung am US- Arbeitsmarkt verläuft im Privatsektor (blaue Linie) prozentual fast ähnlich wie die allgemeine Erholung nach Rezessionen in den vergangenen 80 Jahren war (gold/graue Linie)! Der Einstellungstrend im öffentlichen Sektor ist heute allerdings entscheidend schwächer (rote Linie und roter Pfeil) als in der Vergangenheit. Dies bedeutet, dass unter Präsident Obama der Staat, die Länder und Kommunen trotz Wirtschaftserholung mehrheitlich Arbeitsplätze streichen. Eigentlich entspricht dies eher der Philosophie und den Forderungen der in der Opposition stehenden Republikaner (weniger Staat - mehr Privatwirtschaft), obwohl dies bisher von kaum einer Partei so kommentiert wird. Der anfängliche starke Anstieg (hellblauer Pfeil) nach der Rezession (grüner Pfeil) im öffentlichen  Sektor beruhte ausschließlich auf temporären Einstellungen im Frühjahr von 2010 aufgrund der Volkszählung.  Das Ende der Rezessionen ist durch die vertikale Linie (blauer Pfeil) markiert. Der drastische Unterschied zwischen Neueinstellungen im Privatsektor (deutlich steigend) und öffentlichen Sektor (drastisch fallend) ist durch den großen violetten Doppelpfeil markiert. Während die meisten Kommentare Nervosität (violettes Fragezeichen) erkennen lassen, beurteile ich die aktuelle Arbeitsmarkt-Situation etwas positiver. Daher das große blaue Ausrufezeichen, auch wenn  Einstellungen in der Privatwirtschaft etwas unterhalb des Langfristtrends liegen.















Das amerikanische Wirtschaftswachstum wurde in der zweiten Hochrechnung von ursprünglich 2,2% auf 1,9% reduziert (blauer Pfeil) und liegt damit etwas unter der Trendlinie von 2% (grüne Linie). Schwächere Staatsausgaben beeinträchtigten den nach wie vor positiven Trend im Privatsektor. Nach der Rezession von 2008/2009 (rote Schattierung) kam es anfänglich zu einer deutlichen Erholung von über 2% (grüne Schattierung), bevor sich der Trend um die 2%-Marke einpendelte. Kurzfristige Wachstumsspitzen gab es in der Vergangenheit bereits mehrfach (grüne Schattierungen), um dann wieder zurückzufallen. Das Null-Wachstum (rote Linie) wurde dabei jedoch nur während der Rezessions-Phase unterschritten. Die Gefahr einer nochmaligen Rezession besteht zur Zeit nicht.














Amerikanische Unternehmen verdienen ausgezeichnet! Im ersten Quartal stiegen Netto-Gewinne (nach Steuern) auf ein Rekordhoch von 1.669 Milliarden Dollar (grüner Pfeil). Im vierten Quartal waren es 1.494 Mrd. Dollar. Dies ist ein annualisierter (auf das Jahr hochgerechneter) Anstieg von 47%! Gegenüber dem Vorjahr lag die Verbesserung bei knapp 15% (blauer Pfeil). Ende 2008 waren die Unternehmensgewinne unter 650 Mrd. Dollar gefallen (roter Pfeil) - auf Vorjahresbasis war das ein Einbruch von über 50% (gelber Pfeil). Nur ein Jahr später lag die Verbesserung bei fast 120% (hellgrüner Pfeil). Das Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) ist zur Zeit historisch niedrig, zumal US-Anleihen die geringste Rendite ihrer Geschichte aufweisen. Der Aktienmarkt hat somit momentan keine Konkurrenz!

Weitere Analysen und spezifische Empfehlungen auf der Hotline. Mein nächster Blog erscheint am Montag, den 11. Juni nach Börsenschluss.

























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Heiko Thieme