Samstag, 17. April 2010

Warnschuss



Der fast siebenwöchige Aufwärtstrend wurde am Freitag kurz nach Börseneröffnung abrupt unterbrochen, als eine hohe dreistellige Millionenklage der Börsenaufsichtsbehörde (SEC) gegen das Investmenthaus Goldman Sachs bekanntgegeben wurde. Der zweite Warnschuss kam vom US-Verbraucher, dessen Stimmungsbild sich erneut verschlechterte. Auch das Quartalsergebnis von Google befriedigte nicht alle Erwartungen. Trotz des deutlichen Tagesverlustes konnte der Dow Jones noch ein knappes Wochenplus - das siebte in Folge - vorlegen. Der Freiverkehrsmarkt (Nasdaq) erzielte sogar einen Wochenanstieg von über einem Prozent (blauer Pfeil), obwohl es auch hier am Freitag zu einem spürbaren Tagesverlust kam. Beim S&P 500 kam es jedoch zu einem leichten Wochenminus während der Dax noch mehr einbüßte. Wochenverlierer war das Öl; der Euro konnte sich dagegen etwas erholen, ohne jedoch eine Trendwende einzuleiten. Der Euro ist nach wie vor der bisherige Verlierer (roter Pfeil) in diesem Jahr.



Die Einzelhandelsumsätze waren im März mit +1,6% stärker als erwartet. Gute Verkaufszahlen im Autosektor (+6,7%) trugen hierzu entscheidend bei. Gleichzeitig wurden die Februarzahlen (+0,5%) etwas nach oben revidiert. Damit kann das erste Quartal eine Wachstumsrate von über 3% aufweisen. Gegenüber dem Vorjahr sind die Einzelhandelsumsätze um beachtliche 7,6% (grüner Pfeil) gestiegen. Ende 2008 lagen sie mehr als 10% (roter Pfeil) unter dem Vorjahresniveau. Dies war die Tiefstphase der Rezession, die im vierten Quartal 2007 begann. Die Einbrüche im Einzelhandel sind rosa markiert. Seit Mitte vergangenen Jahres befindet sich die US-Wirtschaft wieder in einem Erholungstrend, der aufgrund der hohen Arbeitslosenrate allerdings relativ langsam verläuft.




Das juengste Stimmungsbild des US-Verbrauchers wirft Fragezeichen auf. Seit den Tiefststaenden von April 2008 bis Maerz 2009 (rosa Markierung) ist es zu einer Erholung gekommen, die jedoch keine gradlinige Entwicklung sondern deutliche Schwankungen aufweist. Die hohe Arbeitslosenrate macht sich auch hier belastend bemerkbar.




Inflation ist weiterhin kein Problem; allerdings beschäftigen sich die Medien immer wieder mit diesem Thema. Die Verbraucherpreise liegen zur Zeit 2,4% über dem Vorjahresniveau. Die Kerninflationsrate - volatile Nahrungsmittel und der Ölpreis werden hier ausgeklammert - weist sogar nur einen Anstieg von 1,2% (grüner Pfeil) auf. Im Juli 2009 (blauer Pfeil) waren die Verbraucherpreise sogar um 2% gefallen, was Deflation bedeutete. Den größten Anstieg gab es Mitte 2008 (roter Pfeil) mit 5,5%, als der Ölpreis fast $150 pro Barrel erreichte.





In der 114-jährigen Geschichte des Dow Jones gab es nur drei extreme Index-Einbrüche von über 50%; dies war während der Weltwirtschaftskrise von 1929 -1932 zuerst der Fall. Ein erneuter Rückschlag folgte 1937 - 1942, obwohl es innerhalb dieser 5-Jahresperiode auch zu einer kurzen Erholung von +50% kam. Der dritte Indexverfall begann im Oktober 2007 und dauerte bis März 2009. In allen Fällen kam es anschließend zu spektakulären Haussen, die im obigen Schaubild festgehalten sind. Auch die Erholung vom Oktober 2002 nach dem Einbruch ( - 78%) im Freiverkehrsmarkt (Nasdaq) aufgrund der Internetblase ist aufgeführt. In allen vier Fällen spielte sich die erste sprunghafte Phase im ersten Jahr ab, danach verlief der Trend deutlich langsamer, ohne jedoch die Hausse zu gefährden. Die Hausse kann sich aus der historischen Perspektive daher auch in diesem Jahr weiter entwickeln, allerdings nicht mehr so spektakulär wie in den vergangenen 13 Monaten.




Die Goldman Sachs Aktie hat am Freitag fast 13% eingebüßt, als bekannt wurde, dass die SEC gegen das Unternehmen klagt. Beanstandet wird die mangelnde Information beim Verkauf von gebündelten faulen Hypothekenkrediten an institutionelle Investoren im Jahr 2008. Dies habe zur damaligen Finanzkrise entscheidend beigetragen. Sollte Goldman Sachs die Klage verlieren, so könnte dies ein Strafgeld im hohen dreistelligen Millionenbereich bedeuten, was das Unternehmen nicht gefährden würde. Das Umsatzvolumen war am Freitag mit über 100 Millionen gehandelten Aktien (grüner Pfeil) das Drittgrößte in der Geschichte dieser Investmentbank. Nur im September 2008, als die Finanzkrise ihren Höhepunkt erreicht hatte, gab es zwei noch etwas größere Tagesumsätze. Meine Kauf- und Verkaufsempfehlungen der Vergangenheit sind im Chartbild markiert. Ein Rückkauf wäre zwischen $155 - $140 ratsam. Die $155-Marke wurde bereits am Freitag kurz erreicht. Auf der Hotline diskutierte ich diese Aktie am Montag.


In der zweiten Aprilhälfte wird es kaum zu größeren Indexsteigerungen kommen. Dennoch ist ein positives Monatsergebnis durchaus möglich und bleibt weiterhin meine Prognose. Danach wird die Börsenluft jedoch etwas dünn. Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Die Telefon-Nummern sind rechts oben. Der nächste Blog wird in einer Woche veröffentlicht.

Heiko Thieme