Samstag, 29. Januar 2011

Politische Börse



Der ausgeprägte Verkaufsdruck am Freitag zerstörte den schon als sicher geglaubten Wochengewinn an Wall Street. Oft reicht nur ein Tag aus, um einen bisherigen Trend ins Gegenteil zu verwandeln. Der kommende Montag wird über den Verlauf des Januars das entscheidende Urteil abgeben. Kommt es nochmals zu einem ähnlichen Minus wie am Freitag, so gäbe es einen negativen Januar, was ich jedoch nicht annehme. Der Grund für den plötzlichen Pessimismus war diesmal weder die Wirtschaft noch unternehmenspezifische Nachrichten, sondern die politische Zuspitzung in Ägypten. Daher auch die Überschrift dieses Blogs - Politische Börse. Die Politik hat mitunter einen starken Einfluss auf das Börsengeschehen. Der Nahe Osten steht vor einer neuen politischen Herausforderung, die die gesamte Struktur dieser Region nachhaltig verändern kann. Von dieser Verunsicherung profitierten die Edelmetalle und auch der Ölpreis. Während das Öl zum Tagessieger (blauer Pfeil in der ersten Spalte) wurde, gab es die meisten Tagesverluste am Aktienmarkt im Technologiesektor, der am Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) besonders stark vertreten ist (roter Pfeil). Im Wochenvergleich lag das Silber vorn (blauer Pfeil) und der S&P 500 Index hinten. Bisheriger Jahressieger ist der deutsche Dax (blauer Pfeil), dagegen das Silber (roter Pfeil) mit einem Minus von fast 10% das Schlusslicht.



Die erste Hochrechnung ergibt ein Realwachstum von 3,2% für die US-Wirtschaft im vierten Quartal. Im Gesamtjahr 2010 expandierte die größte Wirtschaft der Welt um 2,8% (grüner Pfeil) und bestätigt damit meine Prognose vor 12 Monaten. Seit sechs Quartalen hält der Aufschwung nunmehr an (blaue Schattierung). Die schwerste Rezession seit dem zweiten Weltkrieg (rote Schattierung) ist damit erfolgreich überwunden. Eine Gefahr einer unmittelbaren erneuten Rezession besteht nicht. Der Tiefstpunkt von einem Minus von über vier Prozent wurde Anfang 2009 (roter Pfeil) erreicht. Für dieses Jahr wird das Wachstumspotential zwischen 3% bis 4% eingeschätzt.



Löhne und Gehälter weisen mit einem moderaten Plus von 1,6% (blauer Pfeil) keinen Inflationsdruck auf. Lag der Anstieg bei den Beschäftigunskosten inklusive Krankenversicherung und Urlaubsgeld hier vor 10 Jahren noch über vier Prozent (roter Kreis), so beträgt er jetzt nur zwei Prozent (grüner Pfeil). Das Tiefstniveau von nicht einmal 1,5% wurde vor einem Jahr (grüner Kreis) erreicht. Das Inflationsthema taucht zwar immer mehr in den Schlagzeilen auf, jedoch ist es noch nicht akut. Allerdings sind etliche Rohstoffe bereits überproportional gestiegen und können somit zu einer allgemeinen Preissteigerung beitragen.



Im Bausektor gab es am Jahresende eine erfreuliche Statistik. Der Verkauf von Neubauten stieg im Dezember um 18% (grüner Pfeil). Allerdings liegt das aktuelle Niveau (grüne Linie) immer noch deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen vier Jahre. Der Grund für den jüngsten Anstieg liegt in erster Linie an den gestiegenen Hypothekenzinsen (roter Kreis) und der Befürchtung, dass es zu weiteren Zinserhöhungen hier kommen könnte. Ein Blick auf den Jahresbeginn zeigt, dass es erneut zu schwächeren Umsätzen beim Verkauf von Neubauten kommen wird. Ein nachhaltig positiver Trend ist also noch nicht zu erkennen. Dennoch bleiben Bauaktien interessant, wenn auch nicht risikolos.



Das Verbrauchervertrauen hat sich im Januar deutlich verbessert (grüner Pfeil). Vor zwei Jahren (roter Pfeil) wurden hier die Tiefstände gesehen. Auch im Einzelhandel ist es seitdem (rote Schattierung) zu einem nachhaltigen Erholungstrend (blaue Schattierung) gekommen.



Der Goldpreis hat in den vergangenen 10 Jahren eine beeindruckende Entwicklung erlebt. Anfang 2001 war der Unzenpreis auf $255 gefallen. Der bisherige Höchststand von $1.422 wurde am Jahresende gesehen. Die derzeitige Konsolidierung (grüner Pfeil) hat den Aufwärtstrend nicht gefährdet. Die Unruhen im Nahen Osten können kurzfristig ein erneutes Kaufinteresse auslösen. Dennoch bleibe ich zurückhaltend und würde Käufe erst unter $1.250 vornehmen.

Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint in einer Woche am 7. Februar.


Heiko Thieme