Montag, 28. März 2011

Fragezeichen



Die Weltbörsen haben sich von den Tiefschlägen Mitte März gut erholt. Beim Dow Jones fehlen nur noch 6 Punkte bzw. 0,05%, zu einem Monatsplus. Der S&P 500 Index müsste dagegen ein Prozent und der Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) knapp 1,5% zulegen, was eventuell noch möglich ist. Der Dax liegt jedoch fast 5% zurück und hat somit keine Chance, auf ein Plus im März zu kommen. Besonders eindrucksvoll war die bisherige Erholung beim japanischen Nikkei Index, der seit seinem Tiefstand vom 15. März innerhalb fünf Börsentage fast 17% zugelegt hatte. Hier ist eine Gewinnmitnahme angebracht, da die Sanierung der Atomreaktoren in Fukushima enorme Fragezeichen aufwerfen. Der Nikkei könnte nochmals deutlich unter die 9.000-Marke fallen.

Ebenfalls Fragezeichen werfen die Ergebnisse der Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg auf. Klare Gewinner sind die Grünen, die nun in der Regierung "Farbe" bekennen müssen. Der angekündigte Ausstieg aus dem Atomstrom ist ein teurer Fehler. Hier siegen Emotionen über Rationalität. Der Unfall in Japan beruht in erster Linie auf schweren strategischen Fehlern, die nur indirekt etwas mit dem Erdbeben zu tun hatten. Atomenergie weist in seiner fast 57-jährigen Geschichte bisher die mit Abstand geringste Unfallquote auf im Vergleich zu allen anderen Energiequellen! Wer dies bezweifelt, kann es bei Google nachlesen.

Die militärische Aktion der NATO in Libyen, so sehr sie aus humanitärer Sicht zu begrüßen ist, wirft ebenfalls etliche Fragezeichen auf. Wer sind die Aufständigen und was soll mit Gaddafi geschehen? Der gesamte Nahe Osten erlebt eine Umsturzwelle, die die politische Struktur in dieser Region nachhaltig verändern wird. Dies ist jedoch kein kurzer Prozess, sondern wird etliche Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, dauern.

Europa erlebt einen Stresstest, der es am Ende stärker macht. Bis dahin sind jedoch etliche Fragezeichen zu lösen. Auch Bundeskanzlerin Merkel muss sich neuen Herausforderungen stellen, um ihre Führungsrolle zu wahren.

Das politische Klima in den USA ist ebenfalls mit Fragezeichen überschattet. Die hohe Staatsverschuldung bleibt eine Belastung, die nicht kurzfristig lösbar ist, da dadurch das Wirtschaftswachstum gefährdet würde.

Die gesamte Welt ist gefordert. Gesundschrumpfen ist keine Alternative, wir sind zum Wachstum "verdammt".



Die abschließende Berechnung des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) ergibt ein Wachstum von knapp 3% im Jahr 2010 (blauer Pfeil), was meine Prognose vor einem Jahr bestätigt. Von dem Tiefststand (roter Pfeil) der Rezession (rosa Schattierung) hat sich die US-Wirtschaft seit Mitte 2009 deutlich erholt (grüne Schattierung). Für dieses Jahr ist mit einer Wachstumsrate von 3% bis 4% zu rechnen. Das fast beendete erste Quartal wird dabei eher unterdurchschnittlich ausfallen. Der hohe Benzinpreis belastet das Verbrauchervertrauen.



Unternehmensgewinne sind in den USA im vierten Quartal gegenüber dem dritten Quartal um 3,3% gefallen. Allerdings befinden sie sich damit nach wie vor auf einem historisch hohen Niveau (roter Kreis). Der Rekordeinbruch Ende 2008 (lila und roter Pfeil) ist erfolgreich überwunden. Die prozentual größte Verbesserung von fast 100% gegenüber dem Vorjahr gab es Ende 2009 (blauer Pfeil); Ende 2010 schrumpfte das Plus auf 11,4% (grüner Pfeil). Weitere Gewinnverbesserungen beim S&P 500 Index zwischen 12% bis 15% werden in diesem Jahr erwartet.




Der Verkauf von neuen Eigenheimen ist auf das niedrigste Niveau gefallen (rote Linie), seitdem hierüber Statistiken geführt werden, was seit 1963 der Fall ist. Hypothekenzinsen sind seit Oktober 2010 (grüner Pfeil) wieder angestiegen. Nicht ganz so trostlos sieht der Markt für existierende Häuser aus. Hier haben sich die Umsätze auf einem höheren Niveau stabilisiert. Der Häusermarkt wird seine tatsächliche Talsohle frühestens im Laufe des Jahres durchschreiten. Bauwerte haben trotz dieser Verunsicherung bereits gute Kursgewinne erzielt. Allerdings ist dieser Sektor nur für risikobereite und flexible Anleger interessant.



Der Ölpreis hat seit 1970 nur selten das derzeitige Niveau überschritten (rote Linie). Meine Zurückhaltung bleibt daher bestehen. Der höchste nominale Anstieg kam im Sommer 2008 mit $147 pro Barrel (roter Pfeil). Den niedrigsten inflationsbereinigten Preis gab es vor rund 12 Jahren (grüner Pfeil). Ein Preis von $30 (grüne Linie) erwies sich immer als beste Kaufgelegenheit. Dieses Niveau werden wir auf Sicht nicht sehen. Bei einem Preis von $70 - $85 pro Barrel sind Ölwerte wieder interessant.

Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint am Montag, den 4. April.


Heiko Thieme