Samstag, 21. August 2010

Anleger sind nervös



Seit fast drei Wochen stehen die Börsen unter einem deutlichen Verkaufsdruck. Vom ausgeprägten Optimismus im Juli bis hin zum ersten Handelstag im August ist nichts mehr zu verspüren. Anstatt der guten zweiten Quartalsergebnisse, die im Juli ein deutliches Kaufinteresse ausgelöst hatten, sind Anleger jetzt nervös über die weitere Wirtschaftsentwicklung. Die jüngsten Daten deuten auf eine Wachstumsabschwächung und bestätigen damit meine Prognose. Warnungen vor einer erneuten Rezession sind jedoch übertrieben.

Lediglich der Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) konnte ein leichtes Wochenplus erzielen. Der Ölpreis setzte seinen Abwärtstrend fort, während sich das Gold wieder auf sein Rekordhoch vom Juni herantastet. Das Kaufinteresse am Euro ist vorläufig beendet. Der Euro befindet sich wieder innerhalb seiner Kaufkraftbandbreite von $1,20 - $1,30 gegenüber dem Dollar. Der bisherige Jahressieger ist das Gold (grüner Pfeil); der Euro und das Öl gehören dagegen zu den Verlierern (rote Pfeile). Auch Wall Street weist seit Jahresbeginn ein Minus auf. Mit einer entscheidenden Verbesserung ist vor dem vierten Quartal kaum zu rechnen. Die bisherigen Jahreshöchststände von Ende April stellen eine echte Herausforderung dar.




Die amerikanische Industrie wies im Juli eine überraschend starke Produktionssteigerung von einem Prozent (grüner Pfeil) auf und überwand damit die leichte Schwäche vom Juni (gelber Pfeil). Die Rezession (rosa Markierung) endete Mitte letzten Jahres (blaue Markierung). Während der Rezessionsphase kam es nur einmal (blauer Pfeil) zu einem Monatsanstieg. Die jüngste Umfrage der Notenbank von Philadelphia deutet mit einem Minus von fast 8% im August (roter Pfeil) auf eine zumindest temporäre Schwäche im Industriesektor in dieser Region hin. Bereits seit Juni ist bei dieser Umfrage eine Abschwächung bemerkbar.




Die Kapazitätsauslastung der Industrie hat seit Juli vergangenen Jahres in den USA ständig zugenommen (blauer Pfeil). Allerdings ist damit der starke Einbruch während der Rezession (roter Pfeil) bisher nur um die Hälfte reduziert. Diese Entwicklung bestätigt meine These von einer langsamen Erholung ohne Überhitzungsgefahr. Ein Inflationsdruck wäre erst ab einer Auslastung von 85% zu befürchten.




Der amerikanische Wohnungsbau weist seit Ende 2008 keine nennenswerte Verbesserung auf (roter Pfeil). Die Zahl der Baubeginne liegt mit knapp 550.000 nur geringfügig über den Tiefstständen von Januar und April 2009. Die leichte Erholung bis April diesen Jahres beruhte primär auf Steuervorteilen, die seitdem ausliefen. Vor drei Jahren war der Bausektor 150% höher (blauer Pfeil) als heute. Mit einer schnellen Erholung ist hier nicht zu rechen. Hauspreise haben bisher noch nicht ihren absoluten Boden gefunden und belasten somit das amerikanische Wirtschaftswachstum.




Die Erzeugerpreise liegen rund 4% über dem Vorjahresniveau (roter Pfeil). Die Kernrate, die volatile Energiekosten und Nahrungsmittelpreise nicht berücksichtigt, bewegt sich jedoch seit fast einem Jahr (grüner Pfeil) unter der 2%-Marke. Eine akute Inflationsgefahr gibt es somit nicht. Deflationssorgen, als die Erzeugerpreise vor einem Jahr mehr als 6% unter dem Vorjahresniveau lagen (gelber Pfeil), haben sich ebenfalls nicht bestätigt. Das Inflationsthema wird auch im kommenden Jahr kaum von Bedeutung sein.




Unternehmensgewinne weisen seit einem Jahr eine eindrucksvolle Erholung auf. Nach dem Platzen der Kreditblase (blauer Pfeil) fielen die inflationsbereinigten Gewinne mit einem Minus von über 90% wieder auf das Niveau während der Weltwirtschaftskrise von 1932 zurück (lila Pfeile). Der absolute Tiefststand seit 1900 wurde bei den Unternehmensgewinnen während der Rezession von 1920-21 (roter Pfeil) gesehen. Die aktuelle Erholung bringt die Gewinne wieder auf den Stand von der Internetblase zu Beginn dieses Jahrtausends (grüne Linie und grüne Pfeile). Mit weiteren Verbesserungen ist zu rechnen, auch wenn sich der Erholungstrend abschwächt.




Der Dow Jones und Dax haben in den vergangenen 10 Jahren enttäuscht. Beide Indices weisen ein Minus auf. Während der Verlust beim Dax fast 20% ausmacht, kommt der Dow Jones auf ein Minus von knapp 10%. Unter Berücksichtigung der Dividenden erzielt der Dow Jones sogar ein leichtes Plus. Beim Dax sind die Dividendenzahlungen mit eingeschlossen (thesauriert). Nimmt man die Währungsverschiebungen mit hinzu, so kommen der Dax und Dow jedoch fast auf das gleiche Ergebnis. Für die kommenden 10 Jahre rechne ich mit einer deutlich besseren Entwicklung beim Dow Jones und Dax. Volatilität wird es jedoch auch weiterhin geben.

Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint in einer Woche.



Heiko Thieme