Sonntag, 26. Juni 2011

Gratwanderung



Über die aktuelle Wirtschaftslage und Börsenaussichten sprach ich mit Nancy Lanzendörfer. Dieses Interview wurde am 22. Juni auf dem New Yorker Börsenparkett geführt. Zum Mithören und Ansehen einfach auf die Überschrift dieses Blogs - Gratwanderung - klicken. Die Sommerrallye begann in diesem Jahr Mitte Juni und könnte leicht unter dem Durchschnitt von Plus 9% liegen. Trotz der zahlreichen politischen Risiken ist das unmittelbare Börsen-Potential größer als die Risiken. Es kommt einer Gratwanderung gleich. Gelingt der Aufstieg, winkt eine herrliche Aussicht; ein Absturz dagegen hätte katastrophale Folgen. Börsianer sind nervös und sehen teilweise den Wald vor lauter Bäumen nicht. Mut ist gefragt; einen Garantieschein gibt es jedoch nicht. Lediglich der Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) konnte sich dem negativen Wochentrend entziehen (grüner Pfeil). Silber steht weiterhin unter Verkaufsdruck (zwei rote Pfeile).Technisch gesehen ist die Börse stark überverkauft, was für eine baldige Rallye spricht.

Das griechische Parlament wird dem Sparprogramm trotz aller internen Widerstände in dieser Woche zustimmen. Eine Alternative hierzu gibt es zur Zeit nicht. Allerdings wird die europäische Finanzierungshilfe die Wirtschaftsprobleme Griechenlands nicht lösen, da das damit verbundene Sparprogramm kein ausreichendes Wachstumspotential zulässt. Mein Blog vom 18. Juni - Marshallplan statt Diät - behandelte dieses Thema.



Die dritte Hochrechnung für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ergibt ein Wachstum für das erste Quartal von nur knapp zwei Prozent. Zu Jahresbeginn hatte die US-Notenbank noch höhere Erwartungen. Im Gesamtjahr dürfte nunmehr die 3%-Marke kaum überschritten werden. Die Inflation ist nach wie vor wie relativ gering mit einem Anstieg von unter 2% gegenüber dem Vorjahr. Auch der annualisierte Quartalsanstieg von 2% (roter Pfeil) erfordert keinen Handlungsbedarf der Notenbank. Allerdings wurden die Tiefststände vor zwei Jahren gesehen (blauer Kreis), als der Anstieg nur knapp über dem Nullpunkt lag. Die lockere Geldpolitik der Notenbank kann die Inflationsrate anheizen, wenn die enorme Liquidität aufgrund von QE2 nicht rechtzeitig abgezogen wird. Auch hier handelt es sich um eine Gradwanderung besonderen Maßes.



Unternehmensgewinne nach Steuern sind im ersten Quartal auf eine Rekordhöhe von $1.476 Milliarden gestiegen (blauer Pfeil). Vor zwei Jahren waren sie um rund 50% gegenüber dem Vorjahr gefallen und lagen unter $700 Milliarden (zwei rote Pfeile), als die Kapitalmärkte ihre schwerste Krise in über 70 Jahren erlebten. Die derzeitige Bewertungsbasis am Aktienmarkt ist aus historischer Sicht nicht überzogen, obwohl sich etliche Börsen-Indices in den vergangenen zwei Jahren bereits verdoppelt haben. Diese Hausse ist noch nicht zu Ende!

Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint am Montag, den 4. Juli. 



Heiko Thieme