Samstag, 23. Januar 2010

Korrekturbeginn



In der dritten Woche des Neuen Jahres floss viel Blut an den Weltbörsen. Die seit Monaten erwartete und technisch überfällige Korrektur begann am Mittwoch , nachdem am Tag zuvor Wall Street noch mit neuen 15-Monatshöchstständen beeindruckte. Dies war die schlechteste Börsenwoche seit März 2009, unmittelbar bevor die größte Rallye in über 75 Jahren begann. Der ausgeprägte Optimismus unter den Börsenbriefen und Anlegern - ich erwähnte dies vergangene Woche - war ein Warnsignal. Allerdings hatte ich erst im Februar oder März mit dieser Korrektur gerechnet. Meine Empfehlungsliste umfasste nicht einmal 5 Titel unter den jeweils 30 Dow Jones und Dax Werten. Im März vergangenen Jahres standen dagegen 90% der Dax und Dow Jones Titel auf meiner Kaufliste. Die Korrektur kann ein Minus von 10% bis 15% in relativ kurzer Zeit erreichen.

Der plötzliche Stimmungswandel auf dem Börsenparkett hat mehrere Gründe. Fragezeichen über die Stärke der Wirtschaftserholung und die Verabschiedung der Gesundheitsreform sowie die politische Pat-Situation im Senat nach dem überraschenden Wahlsieg des bisher unbekannten konservativen Scott Brown in Massachusetts sind einige davon. Die Forderung nach einer strikteren Bankcharter von Präsident Obama und die Verzögerung bei der Zustimmung für eine zweite Amtszeit für Notenbankchef Bernanke durch den Senat beschleunigten am Freitag den allgemeinenVerkaufsdruck.


Etliche technische Unterstützungslinien wurden durchbrochen, sodass ein positiver Januarabschluss jetzt eher unwahrscheinlich erscheint. Der S&P 500 Index ist unter die 50-Tageslinie gefallen (roter Kreis). Das Risiko geht jetzt bis auf die 200-Tageslinie (roter Pfeil), was ein Minus - gemessen vom Höchststand vom Dienstag - von insgesamt knapp 12% wäre. Was dies für das Gesamtjahr bedeutet, erläutere ich auf der Hotline.

Der Ölpreis stand weiterhin unter erheblichen Verkaufsdruck und bestätigte damit meine Zurückhaltung; das gleiche gilt für das Gold. Mein Dollar-Optimismus zahlte sich bisher aus. Seit Anfang Dezember hat der Dollar gegenüber dem Euro 6% zugelegt und ist in etwa wieder da, wo er vor einem Jahr notierte. Mit weiteren Verbesserungen ist zu rechnen.

Der Wochenbeginn wird in Asien und Europa unter weiterem Abgabedruck stehen, auch wenn die Märkte bereits etwas überverkauft sind. Korrekturen spielen sich normalerweise nicht nur in wenigen Tagen ab, sondern dauern einige Wochen. Am Mittwoch nimmt Präsident Obama vor beiden Kammern des Kongresses zur Lage der Nation Stellung. Trotz seiner Rhetorik wird es für ihn nicht leicht sein, die derzeitige Skepsis nicht nur unter den Anlegern zu dämpfen. Innerhalb eines Jahres ist seine Anerkennung drastisch gefallen und liegt auf dem niedrigsten Niveau aller Nachkriegspräsidenten im ersten Amtsjahr. Auch hierzu werde ich auf der Hotline in den nächsten Tagen Stellung nehmen.


Die amerikanische Wirtschaft befindet sich in der mit Abstand schwersten Wirtschaftsphase seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Arbeitslosenrate (rote Linie) lässt 24 Monate nach Beginn der Rezession - es war die 11. seit dem Kriege - noch keinerlei Verbesserungen erkennen, auch wenn die Rezession bereits seit Mitte vergangenen Jahres vorüber ist. In den meisten Fällen war der Verlust der Arbeitsplätze bereits nach zwei Jahren wieder vollkommen überwunden. Die derzeitige Erholung wird sich im Schneckentempo abspielen.


Indexfonds werden in Deutschland immer populärer. In meinen Vorträgen habe ich auf diese Anlagealternative bereits seit Jahren hingewiesen. In diesem Jahr hat die Aktienauswahl allerdings Vorrang, da das Indexpotential kaum die 10%-Marke überschreiten wird. Als Beimischung, besonders bei Anlagen in exotischen Ländern, eignen sich Indexfonds dennoch.

Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint in einer Woche.

Heiko Thieme